Atelier-Unterricht

Kultur, Alltag und Erlebnisse sind Grundlage für unseren Unterricht. Von ihnen leiten wir die Lernthemen und davon passende Impulse und Anregungen ab, ohne das Unterrichtsthema in isolierte Lernfächer zu trennen, sondern fächerverbindend zu arbeiten. Wir nennen dies themenzentrierten Unterricht, ganzheitliches und nachhaltiges Lernen mit kreativen Methoden und künstlerischen Medien.

Kreativität kann man nicht aufbrauchen. Je mehr man sich
ihrer bedient, desto mehr hat man.

Maya Angelou

Projekt Wasser - Ökosystem Qzeane
Projekt Wasser - Ökosystem Qzeane

Die Gliederung der Unterrichtsfächer in Lernbereiche

In der Atelier Schule tritt anstelle einer Gliederung in Unterrichtsfächer eine Gliederung in Lernbereiche. Die Gliederung in die folgenden sechs Lernbereiche dient einem ganzheitlichen Erfassen, Begleiten und Anregen des kindlichen Lernens und der Entfaltung des menschlichen Potentials.

Die sechs Lernbereiche sind:

  • das Sozial-emotionale Handeln
  • das Wollen
  • das Denken
  • das Sprechen
  • das Empfinden
  • das Bewegen
Muscheln &  Wasserschnecken erforschen
Muscheln & Wasserschnecken erforschen

Ein Projektbeispiel

Emma beschäftigt die Frage, weshalb es Tage gibt an denen sie fit ist oder andere Tage, an denen sie sich müde fühlt: "Was passiert mit mir, dass ich mich fit oder müde fühle?" Im gemeinsamen Gespräch in der Lerngruppe, stellen wir die Hypothese auf, dass dies mit dem Körper zu tun haben könnte. Denn Stimmungen, ob wir uns gut oder schlecht fühlen, spüren wir auch im Körper. Vielleicht ist es der Stoffwechsel, die frische Luft, die ins Gehirn kommen kann oder eben nicht, es könnte auch mit Nahrung und Bewegung zu tun haben. Wir erstellen gemeinsam ein Mindmap und suchen und finden verschiedene Wege und Leitsäulen, die uns in unserer Erforschung interessant erscheinen.
Wenn wir laufen, fühlen wir uns fitter, meinen die Kinder. Wir laufen im Bewegungsstudio und messen den Puls dabei. Wie verändert sich der Körper in der Bewegung? Wie beim Sport? Die Bewegungsgeschwindigkeit lässt sich durch eine physikalische Formel berechnen, diese finden wir im Physikbuch.

Norah möchte gerne den gesamten Körper abzeichnen und sie legt sich auf ein großes Plakatpapier. Ein Ausruf: Norah's Körperstellung kommt dem Kunstwerk Leonardo Da Vincis gleich - ach ja, Leonardo hat sich ebenfalls mit Körper und Proportionen beschäftigt und in unserer Recherche merken wir: mit noch viel mehr Themen hat sich der Wissenschaftler und das Genie auseinandergesetzt: Er hat Flugobjekte gebaut - die Kinder fragen: "Weshalb können Menschen nicht fliegen?" In welcher Zeit hat er gelebt? Die Geschichte der Renaissance wird zum Leben erweckt. Der Körper, ein interessantes Projekt: Proportionen werden in der Mathematik aufgenommen, der goldene Schnitt ebenfalls. Mode und Style sind ein Thema und die dazugehörigen Spiegelungen: Was ist Schönheit? Welche Schönheitsideale gibt es? Das Ohr ist ein spannendes Sinnesorgan, aber es gibt noch andere sichtbare Sinnesorgane und Organe im Körper, um zu leben. Unser Gehirn hat spezielle Funktionen und die Nervenzellen auch.

 

In Deutsch wird eine Reportage zum Wunder Mensch ausgearbeitet. Johann sagt, dass der Mensch ein Säugetier ist und Fische sind z.B. Wirbeltiere Norah wirft ein, dass es bei Schnecken nochmals anders ist, denn sie sind Weichtiere. In der Geschichte der Menschen erfahren die Kinder, dass wir nicht immer aufrecht gegangen sind und unser Gehirn und Erfindergeist, es heute sogar möglich machen, dass Menschen fliegen können: wenn auch mit dem Flugzeug. Ein nächstes Projekt kommt auf, denn das größte Frachtflugzeug der Welt ist vor kurzem in Linz-Hörsching gelandet. Da wollen die Kinder nachsehen, wie das größte Passagierflugzeug aussieht. Die Recherche, das Forschen und das Lernen geht weiter und entfaltet sich jeden Tag auf Neue und unendliche Erfahrungswelten, Wissen ist begrenzt, hat Albert Einstein einmal gesagt, wenn wir uns nicht unsere Vorstellungskraft entfalten. Lernen passiert nie in einem Vakuum abgekoppelt vom realen Leben, sagte Carla Rinaldi, eine Reggio-Pädagogin.

Das Atelier ist Ort des Forschens, des Suchens und Findens von Wissen und der Transformation von Erlebten in handhabbares Wissen.
Das Atelier ist Ort des Aneignens, des Entdeckens, des Fragens, das Erarbeitens und Anwendens von Wissen. Es ist ein Laboratorium für aktive, handelnde und nachhaltige Prozesse.

Mit den Kindern und Jugendlichen dabei mitgehen zu dürfen ist das schönste Geschenk, wo Erwachsene selbst immer wieder aufs Neue das Staunen und die Bewunderungsfähigkeit erleben dürfen als Basis für kreative Lebenskompetenz.

Forschen mit Medien

Der Atelier-Unterricht stellt das selbständige, eigenverantwortliche Lernen in das Zentrum pädagogischen Handelns. Mit vielfältigen Werkzeugen, Medien und Forscherobjekten, Experimentiersets und Verbrauchsmaterialien wird aktiv, forschend, entdeckend, kreativ und offen gearbeitet. Die Ateliers und Lernstudios sind so eingerichtet, dass die Kinder und Jugendlichen alleine, in Gruppen oder auch mit den Lehrer/innen und Lerncoachs durch Versuch, Beobachtung oder Recherche entdecken, Zusammenhänge erkunden und erforschen.

Die Aneignung und (Co)Konstruktion von Wissen und Können hängt von der Lern-, Forscher- und Projektgruppe in der Lernwerkstatt selbst ab. Die Lernwerkstatt ermöglicht vielfältige und nachhaltige Konstruktion von Wissen anhand von fächerübergreifenden Projekten und themenorientierten Unterricht. Lernen ist ein aktiver und konstruktiver Prozess, in dem der Lernende der entscheidende Akteur ist und durch Staunen, Fragen, Ausprobieren und Entdecken seinen eigenen Lernweg finden und gehen darf. Die Neugier, das Vorwissen und die Fragen der Lernenden strukturieren die Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand bzw. Lernthema.

Wir sind überzeugt, dass es essentiell ist, dass sich Kinder und wir uns selbst
die Empfindung des Staunens und der Überraschung bewahren. In
Wirklichkeit sind, Zeichnen, Malen und die Verwendung aller künstlerischen
Sprachen, Erfahrungen und Entdeckungen des Lebens, von Gefühlen und
Bedeutungen. Sie sind ein Ausdruck von Dringlichkeit, Wunsch, Bestärkung,
Forschung, Hypothesen, Reorganisation, Konstruktion und Erfindungen.

Loris Malaguzzi (Reggio-Pädagoge)

Input aus der informellen Kompetenzmessung

MATHEMATIK

Mathematik als die „Wissenschaft von den Mustern“ (Devlin, 1998, S. 3).

„Die Suche nach und das Nutzen von Mustern und Strukturen ist allen, die Mathematik treiben, unabhängig von Niveau oder Alter, gemeinsam.“ (Hengartner, Hirt, Wälti et al., 2006, S. 17)

Voraussetzung dafür ist ein Mathematikunterricht, der verschiedene Zugänge und Wege ermöglicht und in dem Aufgabenformate vorkommen, die individuelles Suchen und Entdecken möglich machen.

Copyright ReggioBildung
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„Viele Lernprobleme in der Schulmathematik liegen darin, dass Schülerinnen und Schüler mathematische Begriffe und Verfahren lediglich in einem begrenzten Gebiet anwenden können – etwa innerhalb der Formelsprache der Algebra – während ihre Fähigkeit, dieses Gebiet mit anderen in Beziehung zu setzen, häufig fehlt. Erfolgreiches mathematisches Denken und Handeln benötigt jedoch gerade das Übersetzen zwischen verschiedenen Darstellungsebenen.“
(Hofe & Jordan, 2009, S. 5)

Copyright ReggioBildung
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DEUTSCH

Unter den Gesichtspunkten von gesellschaftlicher Teilhabe, Bildungs- und Lernerfolg stellt Sprechkompetenz und Mündlichkeit eine Schlüsselkompetenz dar: Sie ermöglicht die aktive Partizipation an kommunikativen Prozessen im Schulunterricht, die ihrerseits wiederum sprachliche und fachliche Lernprozesse in Gang setzen (Verein Leseforum Schweiz, 2015). Sprache ist das zentrale Medium unserer Kommunikation, dies gilt im außerschulischen wie im schulischen Leben.

Der mündliche Kommunikationsbereich ist vielfältig, denn Sprache ist Mittel der Aneignung und Verarbeitung von Wissen – sei es Alltagswissen oder Fachwissen, Medium der Kommunikation mit anderen, Medium der Reflexion von Wahrnehmungsweisen, Ordnungsmodellen und Problemlösungen, Material und Mittel für individuelle produktive und kreative Gestaltung. Es gehört zum Kernbereich des Deutschunterrichts (Doubek, Kleedorfer, Schimpl & Wurzinger, 2013), in unterschiedlichen Situationen miteinander zu sprechen, zu diskutieren, zu erzählen, zu präsentieren, miteinander und voneinander zu lernen.

Deutsch ist kommunikativ: Lösungen mit Partner*innen und in der Gruppe finden, gemeinsam reflektieren, Lösungswege und -vorschläge mündlich vorstellen und diskutieren.
Im Unterricht wird darauf geachtet, einander zuzuhören und auf Meinungen anderer einzugehen. Arbeitsaufträge schaffen Sprechanlässe, in denen z. B. in Form von Rollenspielen,  Gesprächen, Diskussionen oder gesellschaftlich
standardisierten Sprechhandlungen (Bitte, Beschwerde, Entschuldigung) eine der Situation angepasste Redeweise erprobt werden kann. Die Schülerinnen und Schüler werden dafür sensibilisiert, die jeweilige Gesprächssituation einzuschätzen und sich auf die Gesprächspartnerin bzw. den Gesprächspartner einzustellen.

Der Unterricht in der Atelier Schule bezieht vielfältige Schreib- und Sprechgelegenheiten ein.

Dass wir miteinander reden können, macht uns zu Menschen.

(Knischek, 2011)